Ostern - Jetzt Leben

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Willy Niklaus,
Das völlig authentische im Hier-und-Jetzt-Sein von Menschen, die durch kognitive und oft auch körperliche Einschränkungen auf gewisse Unterstützung angewiesen sind, hat eine besondere Kraft. Eigentlich eine österliche Botschaft: Ostern gibt es nur im Augenblick zu erleben – kein Vertrösten, kein Nachtrauern, jetzt Leben, jetzt Aufstehen, jetzt Freuen und Feiern oder Trauern. Das lerne ich in meiner Arbeit. Ich hoffe, dass die Kraft dieser heilsamen Präsenz in den nachfolgenden Interviews spürbar wird. Wir haben über Ostern gesprochen und miteinander ein Oster-Memory gespielt. Einzelne Bilder dieses Memorys begleiten uns durch die Gespräche:
  • Oster-Memory – ein Spiel mit Bildern: Das Grab Jesu ist mit einem grossen Stein verschlossen – wir suchen das ergänzende Bild.

Alois: „Das verstehe ich, dass die Frauen traurig waren, als sie zum Grab gehen mussten. Ich war auch sehr traurig im letzten Herbst. Da sind meine Mutter und bald darauf mein Bruder gestorben. Das war schlimm für mich. Manchmal ging ich in die Grotte. Dort habe ich für sie eine Kerze angezündet. Ja, das ist wie eine Osterkerze. Das Licht von Ostern. Mit diesem Licht kann ich an meinen Bruder und an meine Mutter denken. Da kann ich mich wieder erinnern: mein Bruder hat immer für mich einen Kaffee gekocht. Das war schön.“
Monika; „Da fragt man sich, ist Jesus wirklich echt tot, oder nicht.“

  • Der Stein ist weggerollt. Das Grab ist offen und leer.

Nadja: „er ist eben auferstanden.“
Anita lacht: „Gott hat den Stein weggeblasen. Ein Wunder. Das ist schön. Der Tote ist weg!“
Shanta: „Das Grab ist leer: wo ist wohl Jesus, denken die Frauen“
Silvia: „Mir sagte einmal ein Priester: Jesus sei enorm stark geworden nach der Auferstehung.“
Erika: „er ist nicht mehr tot! Er lebt.“
Und sie erinnert an das Osterlied im Gesangbuch:

Christus ist erstanden! O tönt, ihr Jubellieder, tönt!
Der Herr, er lebt, der uns versöhnt;
Verherrlicht ist das Osterlamm, das von der Welt die Sünde nahm,
Halleluja, Halleluja!

  • Winzig kleine schwarze Samen. Oder ist es bloss Sand – wir werden sehen…

Rita: „Vor Ostern mache ich einen Osterast, einen Ast mit Knospen, und wir hängen ausgeblasene bemalte Eier daran. Ich freue mich, wenn die Knospen aufspringen. Früher machte ich manchmal mit meinen Eltern ein Frühlings-Fährtli am Ostermontag“
Nina: „Wir gestalten auch ein Osterbäumchen und hängen viele kleine Dinge dran.“

  • Bunte Blumen spriessen aus dem feinen Samen!

Erika: „Unsere Osternestli haben wir selber vorbereitet – wir staffierten sie mit Blüemli aus. Margritli, Schlüsselblümchen – was wir fanden. Die Eier verzierten wir mit Osterkraut und färbten sie mit Zwiebelschalen und Blauholz.“

  • Kleine braune Zwiebeln. Sie wirken schrumlig – wie von gestern…

Erika: „Der Ostertisch war mir wichtig: er war schön geschmückt mit Osterglocken und Veilchen. Und wir assen Lammgigot.“
Max: „In den Osterferien fuhr ich mit Theo ins Appenzell nach Trogen. Bei schönem Wetter gings weiter an den Bodensee in ein Beizli. Da haben wir den Frühling erlebt.“

  • Frische fröhliche farbige Freesien gehören zu den trockenen Zwiebeln.

Silvia: Ostern war immer ein Fest der Familie. Da kamen alle zusammen zum Essen, Trinken und miteinander Prichte. Ein richtiges Familienfest mit allen Geschwistern, Neffen, Nichten. Auch die Grosseltern kamen dazu. Man ging zusammen in die Messe und feierte die Auferstehung. Die Mutter nahm jeweils einen Forsythienstrauss und machte ein Osterarrangement mit frischen Frühlingsblumen

  • Ein Holz-Kreuz erinnert an den Karfreitag –

Erika: „Jesus ist für unsere Sünden gestorben und auferstanden. Das ist ein hoher Festtag. Für jeden ist er auferstanden, das ist tröstlich – sogar dem grössten Verbrecher verzeiht er, wie dem Schächer am Kreuz. Wenn ich einen Sonnenaufgang sehe, ist das für mich wie ein Zeichen: neues Leben“

Christus ist erstanden!
Es rang in wunderbarem Streit das Leben mit der Sterblichkeit;
Es lebet, der gestorben ist, der Fürst des Lebens, Jesus Christ!
Halleluja, Halleluja!

  • Das Oster-Kreuz: Hier kann man Jesus aus dem Kreuz herausnehmen!

Nina: „Für unseren Blödsinn ist er gestorben und hat uns entschuldigt. Er stirbt. Aber an Ostern ist das Kreuz leer. Er ist daraus weggelaufen.“
Silvia: „Schon als Kind hat es mich sehr beschäftigt, dass Jesus so gelitten hat. Am Karfreitag war ich sehr traurig. Und an Ostern konnte ich wieder froh sein und mich freuen. Die Mutter erklärte mir: Jesus musste leiden, aber wenn er aufersteht, dann strahlt die ganze Welt.“

  • Ein buntes Schoggi-Eili –

Anita: „Einmal haben sie mir ein ganz kleines Nestli versteckt. Ich fand es in den Turnschuhen.“
Alois: „Als Kinder wurden für uns draussen die Osterhasen versteckt. Meiner war mal in einer Milchkanne bevor die Milch hineinkam.“
Markus: „An Ostern gibt es bei uns ein Butterlamm und Eier. Wir machen einen Wettbewerb: welches Ei lebt am längsten. Dann gibt es einen Lammbraten“

  • und noch ein Schoggi-Eili

Shanta: „Wir färben zuhause Eier und tütschen sie. Ich suche für mich das Stärkste, nämlich das Blaue oder das Violette.

  • Ein Häufchen graue kalte Asche

Erika: „Am Aschermittwoch da gingen wir jeweils in die Kirche. Man kniet. Der Priester sagt: Gedenke Mensch, dass Du Staub bist und wieder zu Staub wirst. Das Zeichen mit der Asche: dieses erdige Spüren. Das ist mir geblieben. Dann steht man wieder auf. Und mal wird man auferstehen, ohne Sorgen, ohne Brästen, es ist nur noch schön. Und das ist Ostern.“
Theres: „Eigentlich faste ich immer. Nicht nur nach dem Aschermittwoch. Süsses ist ungesund. Und darauf verzichte ich jetzt. In meinem Zimmer hängt ein Bild von Jesus an Ostern. Er zeigt mir seine Hände. Sie sind durchbohrt von den Nägeln. Aber er lebt!“

  • Osterkerze – das neue Licht, das in der Osternacht entzündet wird.

Erika: „Am Samstag in der Oster-Mette wurde um Mitternacht das Osterfeuer angezündet. Nun beginnen die Glocken wieder zu läuten. Das ist sehr feierlich. Der Priester singt: Halleluja, Jesus lebt!
Es ist eindrücklich. Wir nahmen jeweils eine Osterkerze mit auf den Weg, erneuerten dann das Taufgelübde und zündeten unsere Taufkerze wieder an.“
Max: „Im vorigen Jahr musste mein Bruder ins Krankenhaus, das machte mir Sorgen. Da zündete ich für ihn eine Kerze an, dass er wieder zwäg kommt. Eine Kerze anzünden, bedeutet, dass die Kraft von Ostern wirken kann. Jetzt geht es ihm besser.“
Nadja: „Wenn ich zur Grotte gehe, ist das für mich beruhigend. Ich kann eine Kerze anzünden. Das tut gut. Manchmal kommen auch Tränen, wenn man fest an jemanden denkt. Aber die Kerze ist für mich Hoffnung. Ostern ist Hoffnung“


Als Legende zum Bild:
Die Interviewten vor der Grotte an der Strasse zum Spital in Tafers. Die Grotte ist eine Kapelle im Wald, die in den Felsen gebaut ist. Sie liegt nahe bei der ssb Tafers und ist ein beliebtes Ziel für Spaziergänge. Auf dem Bild:
Alois Schafer, Anita Rappo, Erika Portmann, Max Jenny leben auf der Seniorenwohngruppe Kristall der ssb Tafers.
Armin Jungo - liebt Osterhasen, Eier hat er nicht gern – Nadja Maag, Monika Roth – sie kocht die Eier zusammen mit ihrer Mutter, und isst sie dann mit Aromat - Lukas Vogel – er feiert Ostern bei seiner Schwerster mit einem feinen Essen - und Markus Schaller arbeiten auf der Polygruppe in der ssb Tafers. Willy Niklaus befragte sie.
Nicht auf dem Bild:
Theres Riedo arbeitet in der Küche der ssb Tafers.
Silvia Schneuwly, Shanta Brauen und Nina Däppen arbeiten in der SSEB Muntelier

Willy Niklaus ist Seelsorger für Menschen mit einer Behinderung in Deutsch-Freiburg (50%) und Pfarrer in der Kirchgemeinde Thurnen, Bern. Als Seelsorger ist er angestellt von der reformierten Kantonal-Kirche. Er erteilt Religions-Unterricht in der Heilpädagogischen Schule, les Buissonnets, in Freiburg und erlebt monatlich spannende Feiern (wir nennen sie Rituale) mit den betreuten MitarbeiterInnen in Tafers, Schmitten, Muntelier und auch im Homato (Teil von les Buissonnets) zum Teil zusammen mit der katholischen Kollegin. Weitere Aktivitäten der oekumenischen Behindertenseelsorge sind auch: Disco für Menschen mit und ohne Handicap, Familiengottesdienste. Weihnachtsfeiern. www.ref-fr.ch/seelsorge-fuer-menschen-mit-einer-behinderung

ssb Tafers und Schmitten = Sensler Stiftung für Behinderte
SSEB Muntelier = Stiftung des Seebezirks für Erwachsene Behinderte