Wandern einmal ganz anders – auf den Spuren der Hugenotten

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Die Geschichte lebt! Im 16. Jahrhundert zieht sich ein langer Flüchtlingsstrom durch die Schweiz, von Genf bis nach Schaffhausen. Die Hugenotten durchqueren unser Land. Die Schweiz war damals noch nicht jene, die wir heute kennen. Olivier Schopfer verrät uns in einem Interview interessante Details.

Wer waren die Hugenotten?

Hugenotten wurden sie in Frankreich und Navarra spöttisch genannt. Dieser Begriff ist um das Jahr 1550 erstmals aufgetaucht. Es handelte sich um Protestanten, die zuvor als Lutheraner bezeichnet worden sind, was nicht mehr passte, weil sich in Frankreich allmählich der Calvinismus durchgesetzt hatte.

Weshalb haben die Hugenotten aus ihrem Land flüchten müssen?

Es galt lange der Grundsatz, dass jede Region ihre Religion haben soll (cujus regio, ejus religio). Neue Religionen haben alte oft mit Konflikten verdrängt. Dies war auch der Nährboden für die Hugenottenkriege im 16. Jahrhundert. Im Jahr 1598 erliess König Heinrich IV. das Edikt von Nantes, welches freie Religionsausübung und Bürgerrechte ermöglichte. Ludwig XIV. widerrief dieses Edikt im Jahr 1865. Die Hugenotten wurden nun verfolgt. Etwa die Hälfte der 800'000 Protestanten konvertierten zu Katholizismus. Die anderen versuchten, ihre Religion im Verborgenen zu leben. Pfarrpersonen wurden explizit ausgewiesen. Den anderen Protestanten wurde die Ausreise verboten. Schliesslich flüchteten etwa 200'000 Hugenotten aus Frankreich. Das war ein gefährliches Unterfangen.

Auf welchen Wegen sind die Hugenotten geflüchtet und wie sind sie in die Schweiz gekommen?

Die Flüchtlinge mussten sich verstecken und deshalb Hauptstrassen vermeiden. Sie gingen meistens zu Fuss über diskrete, abgelegene Pfade. Kamen sie in Genf an, fühlten sie sich sicher. Dort gab es aber nicht für alle Platz. Die meisten reisten durchs Waadtland, das damals zu Bern gehörte. Der Schiffsweg auf dem Genfersee war dafür beliebt. Ab Lausanne führten in der Folge verschiedene Routen durch die Schweiz.

Wie hat die Schweiz Hugenotten aufgenommen?

Die Schweiz in unserem heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Genf war eine unabhängige Republik. Eine lockere Verbindung zwischen Republiken gab es zwar, doch diese waren sich in vielen Punkten nicht einig. Zudem war das Land als Folge der Reformation konfessionell gespalten. Als die ersten Flüchtlinge ankamen, solidarisierten sich die reformierten Orte sofort mit ihnen. Sie haben untereinander einen Verteilschlüssel definiert. Laut Schätzungen wanderten rund 60'000 Hugenotten durch die Schweiz. Davon sind etwa ein Drittel ansässig geworden.

Welche Aufgaben verfolgt die Stiftung VIA?

Die Stiftung hat ihr Hauptziel letztes Jahr erreicht: einen historischen Hugenottenweg durch die Schweiz zu markieren und diesen mit dem französischen und dem deutschen zu verbinden. Der kürzlich erschienene Taschenwanderführer «Auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser – In 28 Tagen von Genf nach Schaffhausen» dokumentiert die Sehenswürdigkeiten und die Etappen. Wir arbeiten mit Touristenbüros zusammen, um den Weg zu animieren. Die Stiftung VIA sucht für weitere spannende Projekte Finanzierungspartner.
Wie können wir die Wege der Hugenotten heute in der Schweiz erleben?
Mit wandern! Der gesamte Weg teilt sich in achtundzwanzig Etappen auf. Der Einstieg ist überall möglich. Für die Vorbereitung lohnt sich ein Besuch auf der Webseite.



Eines der grössten Schiffsunglücke in der Schweiz

Am 5. September 1687 geschieht es: zwischen Aarberg und Lyss finden bei einem tragischen Schiffsunglück 111 Hugenotten den Tod. Zwei aneinandergebundene Schiffe stossen im flachen Wasser der Aare an einen Baumstrunk. Das erste zerbricht und bringt auch das andere zum Kentern.
In der neuen App für iPhone und iPad wird diese Katastrophe und ihre Folgen in Augmented-Reality dargestellt. Im App-Store einfach unter der Suche «Hugenotten» eingegeben und die App herunterladen.



Vorbereiten und Erleben

Auf der Webseite der Stiftung VIA ist die Geschichte und der Weg der Hugenotten durch die Schweiz detailliert erklärt. Ein Besuch lohnt sich, einfach so oder auch zur Vorbereitung einer Wanderung.

» www.via-hugenotten.ch

Benjamin Stupan
Synodalrat
Ressort Kommunikation


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VIA Hugenotten Schopfer
03.06.2024
5 Bilder
Fotograf/-in
Marius Kaufmann